Über einen Sumpf aus Diskriminierung, Heimatliebe, Jagdbrauchtum und Vetternwirtschaft
In der Sitzung des 41. Studierendenparlaments am 14.08.2013 wurde die Studentenverbindung „Nimrod“ in einem fraglichen Manöver lediglich mit den Stimmen der konservativen Liste RCDS anerkannt. Viele Parlamentarier*innen fühlten sich offenbar nicht hinreichend informiert und enthielten sich der Stimme.
Die Studentenverbindung „Nimrod“ ist eine freischlagende Verbindung, die nur männliche Studenten aufnimmt, das Jagdbrauchtum und die Verbundenheit zum Vaterland stärken möchte, sowie von einer hierarchischen Struktur lebt. Nimrod verweigert die Aufnahme von Frauen aus einem angeblichen Traditionsbewusstsein deutscher Studentenverbindungen, die auf die Zeit vor der Zulassung von Frauen zum Studium zurückgeht. Neue Mitglieder müssen sich bei Nimrod zunächst einige Jahre als Füxe bewähren und haben kein Stimmrecht bei Versammlungen. Anschließend können sie als Burschen anerkannt werden, wenn sie mit dem Burscheneid der Verbindung lebenslange Treue schwören. Nach dem Studium werden aus den Burschen Alte Herren, die die Studentenverbindung finanzieren und Kontakte zu Arbeitgebern vermitteln, denn gemäß des weit verbreiteten Selbstverständnis in Studentenverbindungen soll so eine akademische Elite erzogen werden, die später zentrale Schaltstellen in der Gesellschaft einnimmt.
Schon die diskriminierende Struktur zeugt von einem seit Jahrhunderten überholten Demokratieverständnis und einem patriarchischem Rollenbild. Darüber hinaus wird dieses Gesellschaftsbild durch die Vorschriften und den Habitus der Verbindung reproduziert und strukturelle Diskriminierung gesellschaftlich zementiert. Durch das konzentrierte Fördern von rechtskonservativ gesinnten Männern in dieser diskriminierenden Struktur, die über zentrale Schaltstellen in der Gesellschaft ihr Weltbild reproduzieren sollen, wird die Jagdcorporation Nimrod zu einem politischen Akteur innerhalb der Gesellschaft im Allgemeinen und der Hochschulen im Besonderen. Auch die Selbstbezeichnung der Verbindung als unpolitisch ändert nichts an dieser Tatsache und wird allein durch die Unterstützung der Waffenlobby (Forum Waffenrecht) ad absurdum geführt.
Nun wurde diese Verbindung als Initiative vom Studierendenparlament anerkannt und soll damit zur Erfüllung der Aufgaben gemäß §2 der Satzung der Studierendenschaft beitragen. Dabei widerspricht allein schon die Existenz der Jagdcorporation den Zielen der Studierendenschaft, sowohl die „Interessen ihrer Mitglieder […] zu vertreten“ (§2 Abs. 2 Satzung der Studierendenschaft) als auch der Förderung der „Bereitschaft zur aktiven Toleranz ihrer Mitglieder“ (§2 Abs. 4 Satzung der Studierendenschaft).
Insbesondere Frauen, Tierfreund*innen und Pazifist*innen werden sich besonders gut in der Vertretung ihrer Interessen durch Nimrod repräsentiert fühlen und dankbar seien, dass sie auch noch aus ihren Semesterbeiträgen finanziell unterstützt werden.
Die Paderborner Studierendenschaft streitet seit fast 30 Jahren insbesondere durch den Frauenprojektbereich MIA für „die Gleichberechtigung, Gleichstellung und Förderung von Frauen in allen Lebensbereichen“ (§2 Abs. 3 der Satzung des Frauenprojektbereichs MIA). Die Anerkennung von Nimrod ist ein Schlag ins Gesicht aller Student*innen, die seit Jahrzehnten für eine offene und gleichberechtigte Universität Paderborn streiten. Ein widerliches Sinnbild für das Aufbegehren rechtskonservativer Kräfte, die für eine patriarchische, hierarchische und diskriminierende Gesellschaft stehen. Es ist verachtenswert, wie der RCDS, der personell und inhaltlich mit der rechtskonservativen Studentenverbindung Guestfalo-Silesia verbunden ist, seine politische Macht missbraucht in dem Versuch ihre „Farbenbrüder“ und deren Gesellschaftsbild salonfähig zu machen.
Christoph Husemann